Wir kümmern uns um das Problem

Published by Tobias Hofmann on

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Vor ein paar Jahren hatte ein Kunde ein Problem mit einer bestimmten SAP Software. Die mobile Plattform machte ein paar Probleme beim Versenden von Push-Nachrichten. In den Logs konnte man sehen das sie zwar da war, aber einfach nicht gesendet wurde. Natürlich wurde ein Ticket erstellt und es gab eine Reihe von ausgetauschten Nachrichten, Meetings, Gespräche. Alles sehr konstruktiv, nur … das Problem wurde nicht behoben. Es trat immer wieder auf. Leider nicht regelmäßig, was es schwierig machte die Ursache einzugrenzen, aber es trat auf. Immer und immer wieder. Es waren auch alle Benutzer mobiler Apps betroffen. Vor allem da die App auch vom Top Management benutzt wurde und da einige Leute nicht ganz glücklich darüber waren über so manche anstehende Aufgabe nicht per Push benachrichtigt zu werden.

Da die Top Manager betroffen waren war auch klar: einfach ignorieren geht nicht. Somit war das Problem auch immer wieder Thema und der aktuelle Status wurde vorgestellt. Das Ticket wurde dabei auch schon mal aus den verschiedensten Gründen geschlossen. Da nicht nachvollziehbar, oder doch eine Kundenanpassung schuld sein sollte, oder da man – ganz toll – einfach so ein langlaufendes Ticket nicht haben wollte. Ergebnis: Ticket geschlossen, Problem trat wieder auf, neues Ticket. Mit der Zeit hatten sich die Leute auch mit der Situation eingerichtet. Das Problem trat auf, man schaute in die Logs, startete den Server neu, es gab Kommunikation mit dem Support, Status in der Präsentation wurde geändert, irgendwann funktionierte es wieder, alles auf Grün, und dann trat das Problem wieder auf und alles zurück auf Anfang und Rot.

Bei einem anderen Fall ging es um eine Schnittstelle, die nicht so funktionierte wie gedacht. Auch hier: Ticket, Kommunikation, Meetings, Gespräche, Status-E-Mails. Die Schnittstelle war nicht unwichtig, aber auch nicht wirklich wichtig. Sie wurde halt im Status rot oder gelb über die Zeit mitgeschleppt. Bis halt mal die Aufgabe von weiter oben in der Rangordnung kam alle Schnittstellen im Status grün zu haben.

Im ersten Fall wurde ich hinzugerufen als es einem der Top Manger beim Kunden etwas zu viel wurde und er das Problem endlich gelöst haben wollte. Nachdem ich mich durch so einige Dokumente arbeiten durfte und die bestehenden Ergebnisse mit der Architektur der Plattform verglich fiel mir auf das man sich auf eine bestimmte Komponente versteift hatte, aber eine andere, die ebenfalls für den Versand von Push Nachrichten zuständig war, ganz am Anfang ausgeschlossen hatte und seitdem immer ignoriert hatte. Der Fehler war dann auch dort zu finden. Die Lösung war nicht einfacher, aber die Dinge machten jetzt mehr Sinn. Beim zweiten Problem lag es ähnlich. Man hatte sich auf die Kommunikation mit dem anderen System versteift, dabei lag der Fehler in der Konfiguration beim Aufruf. Kurz: es fehlten ein paar Checkboxen, die nicht aktiviert waren.

Wer sich jetzt fragt: was ist denn hier passiert? In beiden Fällen (und es gibt noch viele mehr) wurde ein Problem identifiziert, das gelöst werden sollte. Die Dringlichkeit war gering. Aber die Problematik durchaus komplex. Also nicht nur eine Checkbox anklicken, sondern das komplette Verständnis dahinter, was das bedeutet, war notwendig. Ein komplexes Problem, das nicht dringend ist. Man kann es also mitschleifen und hat immer wieder so etwas wie einen Lückenfüller, wenn man gefragt wird, ob man was zu tun hat. Und das auf der Kunden- und Supportseite. Wenn man dann in einen Arbeitsmodus wechseln kann, der im Grunde aus: irgendetwas tun, z.B. Ticket aktualisieren, und Status in einer Präsentation fortschreiben – also: wir tun was – besteht, dann kann die Zeit schnell verfliegen ohne das wirklich das Problem gelöst wird. Denn in so einem Falle kümmert man sich um das Problem. Nicht um die Problemlösung. Die Frage was das Problem so macht ist dann mit einem einfachen: dem Problem geht es gut. Wir kümmern uns drum, es wird gefüttert, gehegt und gepflegt. Es ist noch da, dem Problem geht es gut.

Problempflege sollte aber nicht das Ziel sein, sondern die Problemlösung. Und damit Eliminierung. Also das es dem Problem nicht mehr gut geht, da erledigt.

Ach ja, das Problem zur mobilen Plattform bestand fast 2 Jahre, das zur Schnittstelle weit über 1 Jahr. Es wurde also beide Male sich sehr gut um die Probleme gekümmert.

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Categories: REST

Tobias Hofmann

Doing stuff with SAP since 1998. Open, web, UX, cloud. I am not a Basis guy, but very knowledgeable about Basis stuff, as it's the foundation of everything I do (DevOps). Performance is king, and unit tests is something I actually do. Developing HTML5 apps when HTML5 wasn't around. HCP/SCP user since 2012, NetWeaver since 2002, ABAP since 1998.

1 Comment

Marco · June 8, 2023 at 07:25

Im Zusammenhang mit der SMP hatte ich vor einigen Jahren eine XSRF Schwachstelle gefunden und über den Kunden melden lassen.
==> Ergebnis der PoC Exploit wurde behoben, aber das eigentliche Problem nicht gelöst. Das hat dann noch ein paar Ticketitterationen gedauert.
An Symptomen bastelln ist auch eine Form von Problempflege.

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